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Italienisches Gebäck – Panforte, Pannetone und Co.

Was wäre Italienisches Gebäck ohne ihre Grundzutaten Eier und Mehl?

Trotz ihrer teils so stark unterschiedlichen Ausprägungen, Einflüsse und Ursprünge sowie Gerichte, Spezialitäten und Zubereitungen werden die aktuell wie historisch zahlreichen italienischen Regionalküchen zwischen Südtirol und Sizilien doch von einigen bestimmten sowie zeitlosen Zutaten gemeinsam und gleichermaßen geprägt. Außer Auberginen und Artischocken, Basilikum, Fisch und Fleisch, Käse, Kapern und Knoblauch sowie Oliven und Olivenöl, Tomaten, Zucchini und Zitrusfrüchten spielen kulinarisch vor allem und nicht zuletzt Eier, Mehl und Zucker bedeutende, gewichtige und unverzichtbare Hauptrollen in der seit 2010 als immaterielles UNESCO-Kulturerbe geführten italienischen Küche.

Pasta und Pizza sowie die unzähligen Brotsorten und natürlich italienisches Gebäck wären ohne diese drei allgegenwärtigen Ingredienzien schlicht und ergreifend so gut wie unvorstellbar. Nahezu jede Stadt und Gemeinde sowie Provinz und Region Italiens kennt mitunter uralte sowie als Rezept häufig lediglich von Generation zu Generation im engsten Familienkreis mündlich überlieferte Backwaren, die jedoch bis heute Gourmets und Feinschmecker aller Altersklassen begeistern und sowohl im Alltag als auch bei festlichen Anlässen genossen werden. Feine Leckereien wie die kleinen und kugeligen Makronen „Amaretti“ aus Eischnee, gemahlenen Mandeln und Zucker aus der Lombardei und Ligurien oder das traditionelle Mandelgebäck „Cantuccini“ aus der Gegend um Florenz werden heute auch in Deutschland häufig zu Eis und Espresso serviert.

Italienisches Gebäck – Im „Imperium Romanun“ naschte man gerne und hatte eine Schwäche für Süßes

Die Gründe für facettenreiche und vielseitige italienische Gebäckkultur liegen dabei in der langen und auch im Bezug auf das Backen sowie Kochen ereignisreichen Geschichte der Apenninhalbinsel. Schon die antiken Griechen und Römer kannten eine ganze Reihe von bereits damals gängigen und klassischen Gebäcksorten, Desserts und Süßspeisen, die zu jedem Festmahl fast zwangsläufig auf die prall und üppig gedeckten Tische gehörten. Wie wir heute wissen, handelte es sich bei dem Gebäck aus dieser Epoche jedoch weniger um Süßigkeiten nach heutigem Verständnis, da es den gegenwärtig unbegrenzt zur Verfügung stehenden Zucker so noch nicht gab.

Stattdessen wurden natürliche Süßstoffe wie Honig und Früchte für Gebäck sowie auch rauchige, salzige und saure Gerichte mit Käse, Eiern, Fleisch und Fisch verwendet, die somit eine für unsere Gaumen eher ungewöhnliche und generell leicht süßliche Note aufwiesen. Nichtsdestotrotz existierte aber auch schon vor gut 2.000 Jahren in Italien als solches explizit erwähntes süßes Gebäck: So berichtet etwa der berühmte römische Anwalt, Philosoph, Politiker und Schriftsteller Marcus Tullius Cicero von einem süßen Brötchen aus Milchteig namens „Tubus farinarius“, das als Ahne der mit Kakao, Schokolade, kandierten Früchte, Ricotta sowie Vanille gefüllten frittierten Teigrollen „Cannoli“ aus Sizilien gilt. Ebenfalls bereits im römischen Altertum bekannt und verbreitet waren die „Obleidos“ genannten Waffeln, die häufig mit Honig bestrichen wurden sowie mit Walnüssen oder Mandeln gefüllte Datteln, wie sie in Süditalien besonders zu Weihnachten immer noch gerne an Familienmitglieder, Freunde und Arbeitskollegen verschenkt werden.

Viele der Gebäckklassiker aus Italien sind schon fast ein ganzes Jahrtausend alt

Interessanterweise wurden im Mittelalter nicht nur auf dem Gebiet des heutigen Italiens, sondern auch in England und Frankreich süßes Gebäck nicht als Dessert, sondern schon als Vorspeise kredenzt, da man glaubte, dass Magen und Seele hierdurch erweitert und für die weiteren Gänge geöffnet würden. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert waren süße Brotsorten bzw. Früchte- und Lebkuchen wie „Panforte“ aus der Toskana und Siena, „Pan di ramerino“ als typisches Ostergebäck mit Sultaninen („Zibibbo“) aus Florenz sowie der kranzförmige Kuchen „Buccellato“ mit Marsala und Trockenfrüchten aus Palermo und Umgebung schon überregional bekannt und auch in Kochbüchern zu finden.

Gleiches gilt für die mit Früchten, Frischkäse und Honig gefüllten „Crispelle“ (Crêpes), die an Festtagen gereicht wurden sowie ursprünglich aus Arabien stammende „Frittelle“ (Krapfen), die der Legende zufolge von Kreuzfahrern aus dem „Heiligen Land“ zurück in die Heimat gebracht wurden. Besondere Erwähnung verdient natürlich der schon in der Renaissance in Italien und heute weltweit bekannte Weihnachtskuchen „Panettone“ aus Eiern, Butter, Honig und Sultaninen, dessen Name („Brot des Toni“) vom Koch des damaligen Mailänder Herzogs Ludovico Sforza (1452-1508) stammen soll. Das späte Mittelalter und die frühe Neuzeit waren auch eine erste Sternstunde der italienischen Zuckerbäckerei, weil der florierende Fernhandel mit exotischen Gewürzen wie Ingwer, Muskat, Nelken sowie Zimt und Zucker sich auch in den Rezepten bemerkbar machte.

Panettone: italienisches Gebäck aus Mailand

Panettone

Panettone ©iStockphoto/wmaster890

Der für die norditalienische Metropole Mailand typische und von Auswanderern in alle Welt exportierte Weihnachtskuchen Panettone soll dort schon um 1500 herum erfunden worden und in nur kurzer Zeit zum allseits beliebten Gebäck geworden sein. Er besteht aus einem Hefeteig aus Wasser, Mehl, Butter und Eigelb, dem zu gleichen Teilen kandierte Früchte, Orangen- und Zitronenschalen sowie Rosinen zugesetzt werden. Er hat typischerweise eine zylindrische Basis, die in einer Kuppel endet. Bis etwa zur Jahrhundertwende 1900 gab es in ganz Mailand noch zahlreiche Bäcker und Konditoren, die Panettone Tag für Tag in aufwendiger Handarbeit herstellten, heute sind es nur noch wenige Manufakturen, die eine solch zeitraubende Produktion pflegen.

Seit den 1950er-Jahren wird Panettone zum größten Teil im industriellen Stil in Fabriken in ganz Italien gebacken sowie landesweit und international durch den Großhandel verteilt. 2005 wurde das traditionelle Gebäck durch ein amtliches Dekret des italienischen Landwirtschaftsministeriums sogar als besonderes und nach seinen Zutaten genau definiertes Backprodukt definiert. Demzufolge muss Panettone aus Sauerteig mit rundem Boden, rissiger Kruste und weicher Struktur bestehen sowie als Zutaten mindestens 4 Prozent Eigelb, 16 Prozent Butterfett und 20 Prozent kandierte Zitrusschalen sowie Rosinen, Weizenmehl, Salz und Zucker aufweisen. Wahlweise dürfen Milch, Honig, Malz, Kakaobutter und Hefe zugefügt werden. Aktuell werden in Italien pro Jahr etwa 100 Millionen Panettone im Wert von ca. 600 Millionen Euro produziert. Hierzu zählen auch die regionalen Varianten in Venetien ohne Rosinen und kandierte Früchte, aber einem Überzug aus Zucker oder Mandelglasur sowie der Moscato-Panettone und der „Panettone basso pinerolese“ aus dem Piemont mit einer Glasur aus Haselnüssen.

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Pandoro: Das „Goldene Brot“ aus Verona war schon im Römischen Reich begehrt

Pandoro

Pandoro ©iStockphoto/Dihandra Pinheiro

Die historischen Ursprünge des heutzutage zumeist mit der Provinz Verona im Westen der norditalienischen Region Venetien assoziierten Weihnachtskuchens „Pandoro“ lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde ein „Panis“ aus Mehl, Butter und Öl, das von einem Koch namens Vergilius Stephanus Senex zubereitet worden sein soll, bereits im 1. Jahrhundert nach Beginn unserer Zeitrechnung. Als eigentlicher und wichtigster Urahn des heutigen Pandoro gilt jedoch der im 13. Jahrhundert in Verona und Umgebung erfundene „Nadalin“, der sich von seinem Nachfahren in Form, Konsistenz und Zutaten tendenziell unterscheidet. Während der Pandoro doch äußerlich mehr seinem so berühmten Vetter Panettone ähnelt, jedoch über eine gezackte Kuppelform, aber weder kandierte Früchte noch Rosinen verfügt, ist der Nadalin flacher, kompakter und häufig wie ein Stern mit acht oder mehr Zacken geformt.

Hier gehts zum Pandoro Rezept

In Verona selbst ist der Nadalin als lokales und regionales Traditionsprodukt heute fast noch beliebter als der Pandoro, der auch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals erwähnt sowie im Oktober 1894 von einem gewissen Domenico Melegatti als Patent angemeldet wurde. Seit 2012 genießt der Pandoro auch die offizielle Wertschätzung als spezifisch geografische Spezialität, er steht jedoch sowohl in Italien als auch international im Schatten des Panettone. Zu den Zutaten eines Pandoro zählen unverzichtbar Mehl, Zucker, Eier, Butter, Kakaobutter sowie Hefe und Vanille, es gibt mittlerweile auch moderne und beliebte Variationen mit Puddingfüllung und Schokoladenschicht. Oft wird der Pandoro außerdem in Kartons mit Puderzucker im separaten Beutel verkauft, den die Käufer erst nach dem Öffnen über den Kuchen streuen sollen, um somit zu verhindern, dass der Puderzucker sonst als Masse an der Oberfläche klebt.

Panforte: Das reichhaltige Früchtebrot aus Siena blickt auf 1.000 Jahre Geschichte

Panforte di Siena

Panforte di Siena ©iStockphoto/Lucy Lambriex

Die altehrwürdige und für ihre vielen Renaissance-Bauwerke im seit 1995 als UNESCO-Welterbe geschützten historischen Zentrum global bekannte Stadt Siena im Herzen der Toskana verfügt auch über eine eigenständige Küche und Koch- bzw. Backkultur. Neben kulinarischen Klassikern wie den recht gehaltvollen Suppen Acquacotta, Panzanella und Ribollita, dem Bohneneintopf Fagioli all’uccelletto und Würsten wie Buristo, Finocchiona, Capocollo, Soprassata und Rigatino gehören hierzu vor allem auch diverse Gebäckarten. In der Toskana wie auch teils in anderen Regionen bekannt sind etwa die kleinen Krapfen „Frittelle di riso di san Giuseppe“ (Reiskrapfen des Heiligen Josef) und der interessanter- bzw. merkwürdigerweise „Zuppa inglese“ (englische Suppe) genannte Biskuitdessert mit Löffelbiskuit, Likör und/oder Dessertweinen, kandierten Früchten und Schokoladencreme.

Das mit Abstand bekannteste Gebäck aus Siena ist jedoch schon seit gut 1.000 Jahren das dem deutschen Lebkuchen oder Früchtebrot vergleichbare „Panforte“, das einst auch unter seinen Zweitnamen Pane Aromatico, Pan Pepatus und Pane Natalizio geläufig war. Ab dem 10. Jahrhundert wurde der bislang eher einfache Kuchen aus Mehl und Wasser immer mehr mit Honig und in kleine Stücken geschnittenes rohes Obst verfeinert. Da die Früchte in der Regel nicht vorgekocht wurden, kam es im heißen Frühling und Sommer oft vor, dass diese nicht vollständig trockneten, was für einen leicht säuerlichen Geschmack sorgte. Panforte blieb lange Zeit ein italienisches Gebäck für Wohlhabende, da es neben Orangenschalen, Zitronen und Melonen auch Mandeln sowie für damalige Zeiten teure Gewürze enthielt. Im Jahr 1879 wurde zu Ehren des Besuchs von Königin Margherita in Siena eine Variante ohne Melonenstücke und mit einem Überzug aus Vanillezucker statt schwarzem Pfeffer als „Panforte Margherita“ erschaffen. Seit Mai 2013 besitzt „Panforte di Siena“ eine IGP-Zertifizierung als amtlich beglaubigtes geografisches Gütesiegel. Gerne in Siena sowie in ganz Norditalien gegessen werden auch die regionalen Variationen mit Kakao, Pinienkernen, Kastanienmehl, Rosinen, Walnüssen oder Schokoladenüberzug.

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Pan di ramerino – Italienisches Gebäck aus der Region und Stadt Florenz

Pan di ramerino

Pan di ramerino ©iStockphoto/AlexPro9500

Schon im Mittelalter waren die Hügel rund um die toskanische Stadt Florenz eine vor allem für den Anbau von „Ramerino“ (Rosmarin) bekannte Gegend. Das aromatische Kraut ist heute hauptsächlich eine Zutat für Fleisch- und Fischgerichte, es harmoniert auch bestens mit Teigwaren, Kartoffeln und Gemüsesorten wie Zucchini. Als klassisches Grillgewürz ist es für Marinaden in der gesamten mediterranen Küche oft zu finden, für mitteleuropäische Geschmäcker mitunter etwas ungewohnt kommt es in Italien allerdings auch bei Gebäck und Desserts sowie Süßspeisen zum Einsatz. Apfelgelee wird dort häufig mit Rosmarin aromatisiert, beliebt ist auch Rosmarinhonig.

Besonders typisch für Florenz ist das lange Zeit nur zu Ostern und ausschließlich am Gründonnerstag in den Bäckereien von Florenz und Umgebung verkaufte „Pan di ramerino“ als weiches und süßes Brötchen aus Brotteig mit Milch und Eiern, Sultaninen und Rosmarin. Früher wurde dieses traditionelle Gebäck von den Pfarrern gesegnet, heute ist es fast das ganze Jahr über im Handel erhältlich. Vom Äußeren ähnelt das „Rosmarinbrot“ in der Tat einem kleinen runden Brotlaib mit dem charakteristisch kreuzförmigen Schnitt. Damit der Teig gut aufgehen kann, wird er vor dem Backen mindestens eine Stunde lang in Ruhe gelassen und erst kurz dem Ofen mit Öl aus Oliven sowie Rosmarinextrakten dünn bepinselt, wodurch es seine typische goldene bis bräunliche Farbe und glänzende Oberfläche erhält.

Potizza/Putizza: Ein italienischer Strudel mit slawisch-österreichischem Erbe

Potizza

Potizza ©iStockphoto/irman

Im äußersten Nordosten Italiens liegt mit Triest eine ethnisch und kulturell vielseitige sowie kulinarisch ebenso interessante Stadt. Hier herrschten im Laufe der Jahrhunderte häufig wechselnd unterschiedliche europäische Mächte, die in der Architektur wie auch typischen Küche der Gegend allesamt ihre Spuren hinterlassen haben. Slowenischen Ursprungs ist etwa der mit dem österreichisch-ungarischen Strudel verwandte und vergleichbare Putizza oder Potizza mit einer reichhaltigen Füllung. Der Teig wird durch das Vermischen von Mehl, Zucker, Butter, Eiern, Öl, Honig, Hefe, Salz und Milch nach einer aufwendigen und dreistufigen Methode zubereitet, bei der zunächst nur die Hefe und die Hälfte der Zutaten und schließlich alle Zutaten miteinander verknetet werden.

Der gerollte Teig wird dann mit einer Füllung aus Rosinen, Walnüsse, gerösteten Haselnüsse, Mandeln, Pinienkernen, Öl, Eiweiß, Aprikosenmarmelade, Schokoladenpulver, Rum und Gewürzen bestrichen und zu einem Zylinder gerollt sowie anschließend im Ofen gebacken. Erstmals in slowenischen Kochbüchern wurde das Gebäck 1575 beschrieben, in Italien bekannt wurde die Putizza jedoch erst 1864, als sie bei einer Feier im Schloss Miramare in Triest den anwesenden gekrönten Häuptern aus Wien serviert wurde. Seither gilt der Strudel als fester und gern bei festlichen Anlässen aller Art gesehener Bestandteil der Regionalküche von Friaul-Julisch Venetien. 2016 verlieh die Handelskammer von Triest der „Putizza di Trieste“ eine Produktspezifikation, was von den Nachbarn in Slowenien mit nicht allzu viel Verständnis und Wohlwollen registriert wurde, weil man dort das traditionelle Rezept eigentlich als eigenes Nationalgericht betrachtet und als solches auch anerkannt haben möchte.

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